Frank Albers: Klasse vor Masse

Hier geht es um das perfekte Fleisch. Frank Albers ist mit vielen der Top-Züchter dieser Welt persönlich bekannt und kennt die Trends der Branche. Diesmal: Klasse vor Masse.

Frage: Wie viele Tiere braucht man für wöchent­li­che 20 Kilo­gramm Top-Rinderfilet?
Antwort: 540.

Ein guter Ochse oder eine gute Färse haben etwa vier Kilogramm Filet und wachsen zwei Jahre und länger auf, geschlachtete Tiere müssen ersetzt werden. Und geht das auch in Deutschland? Das finanzielle Risiko für die Züchter ist groß, denn es gibt keine etablierten Bewertungsnoten für die Verzehrqualität von Fleisch, also keinen festen Marktwert. Nur wenige sind in der Lage, wirklich gute Tiere zu züchten, und wagen es, mit aufwendigen Futter- und Haltungsmethoden zu arbeiten. Diese Leute sind extrem gut vernetzt und wissen, wo sie ihre Tiere nose to tail verkaufen können. Nur dadurch sind sie auf den großen Fleischmarkt nicht angewiesen. Sie haben so einen Lieferanten? Pflegen Sie ihn, denn die allgemein-deutsche Realität sieht anders aus: Kosteneffizient schnell wachsende Bullen mit wässrigem und fadem Fleisch. In deutschen Schlachthöfen wird die Fleischmenge pro Tier gemessen, nicht die Verzehrqualität.

Selektion ist für den Ladenmetzger leider auch nicht mehr möglich, weil die lokalen Schlachthöfe verschwunden sind. Wer mehr will, muss reisen: Japan mit seiner Rohwarenliebe bildet hier den klaren Gegenpol: Mit einer Gesamtnote aus Fett, Fleischfarbe, Textur und Marmorierung wird hier klar auf Genuss und nicht auf Masse gesetzt. Oder die USA, wo man in acht Qualitätsstufen von Canner bis Prime einteilt. Nur so kann die amerikanische Prime-Steakhouse-Kultur so erfolgreich sein: Man weiß vorher, was man bekommt. Ergebnisse zu fälschen, käme für die großen Marken wie Greater Omaha oder Kobe einem Harakiri gleich – nicht nur in Japan. Die Bewertungen stehen unter staatlicher Kontrolle, Verstöße werden hart geahndet.

In Deutschland gibt es in den letzten Jahren eine immer stärker werdende Wahrnehmung für die Qualität von Fleisch. Nie zuvor war man hierzulande bereit, so viel Geld für ein gutes Stück Fleisch in die Hand zu nehmen, und so interessiert an Zucht und Herkunft. Das ist ein guter Anfang – danke dafür!

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