Frank Albers: Tiefgekühlt, aber richtig.

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Hier geht es um das perfekte Fleisch. Frank Albers ist mit vielen der Top-Züchter dieser Welt persönlich bekannt und kennt die Trends der Branche. Diesmal: Tiefgekühlt aber richtig.

Vorteil

Eines vorweg: Ich möchte im Folgenden nicht gegen frisch gereiftes und über 0 °C gelagertes Fleisch sprechen. Es macht den allergrößten Teil der von mir gehandelten Ware aus und ist ein ganz wunderbares Produkt, das mich jeden Tag aufs Neue begeistert. Tiefgekühltes Fleisch hat gegenüber im Frischebereich gelagerter Ware jedoch einen klaren Vorteil: Es ist wesentlich länger haltbar. Viele spezielle Cuts können nur verfügbar gehalten werden, wenn sie auch tiefgekühlt geliefert werden können. Könnte ich etwa das Fleisch von wild gehaltenen 100-%-Ibéricos nur frisch handeln, würde es sich wegen mangelnder Verfügbarkeit nie etablieren. Die Transportmenge aus Spanien wäre bei einem Nischenprodukt mit 20 Tagen Haltbarkeit so klein, dass der Preis der Ware nicht mehr vertretbar wäre. Ein weiterer Grund, der für das zeitweise Verwenden von tiefgekühltem Fleisch spricht, ist, dass sich die natürlichen Zyklen der Landwirtschaft nicht nach unseren Verzehrgewohnheiten richten können. Schweine, Hühner, Ochsen und Lämmer sind nach einer klar bestimmten Zeit schlachtreif in täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Rhythmen.

Rhyth­mus

Diese Rhythmen sind umso wichtiger, je höher das Qualitätsniveau der Ware ist. Die sich laufend verändernde Nachfrage kann durch Einfrieren abgefangen werden. Zwei Beispiele: Filets werden im Sommer wenig nachgefragt, sind daher zu dieser Zeit preiswert. Im Winter – besonders zu Weihnachten – schießen die Preise in die Höhe. Mit Spare Ribs verhält es sich genau umgekehrt. Verwenden Sie tiefgekühltes Fleisch? Eher nicht? Ich vermute, Sie wollen Ihren Gästen trockene Steaks ersparen und zäh ist aufgetautes Fleisch oft noch dazu! Kommt es tiefgekühlt in großen Stücken, meint man, einmal aufgetaut umgehend alles verwenden zu müssen, weil es ja keine offizielle Mindesthaltbarkeit gibt. Aber es geht auch anders. Wenn eigentlich hochwertige Ware nach dem Auftauen ihre Qualität verliert, liegt das nicht am Tiefkühlen an sich, sondern immer am falschen Handling. Ich weiß aus Erfahrung, dass sogenannte Ex-Chilled-Tiefkühlware bei richtiger Handhabe in der Blindverkostung nicht von durchgehend bei über 0 °C gelagerter Ware zu unterscheiden ist.

Temperaturen

Aber nun Punkt für Punkt: Ursprünglich saftiges Fleisch wird trocken, wenn es zu langsam, also bei zu hohen Temperaturen eingefroren wird. Der Grund hierfür ist, dass es im Fleisch zwei verschiedene Flüssigkeitsarten gibt: das Wasser in den Zellen (intrazellulär) und das Wasser um die Zellen herum (extrazellulär). In den Zellen befinden sich wesentlich mehr Feststoffe im Wasser als außerhalb, dadurch friert dieses Wasser wesentlich langsamer (bei ca. – 7 °C). Auch muss erst das Wasser um die Zellen gefroren sein, bevor das Wasser in den Zellen frieren kann. Ist die Tiefkühltemperatur zu hoch, nähren sich die Eiskristalle des extrazellulären, bereits gefrorenen Wassers immer weiter vom intrazellulären Wasser, wachsen langsam und zerstören dabei die Struktur des Fleisches. Da sich die Feststoffkonzentration in den Zellen weiter steigert, wird das Gefriergefälle größer, der Prozess immer langsamer und die Zerstörung immer gravierender. Der Effekt – im Fachjargon als Plasmolyse bezeichnet – ist, dass nach dem Auftauen sehr viel Fleischsaft einfach wegfließt.  Diesen Saft hat man dann in großer Menge im Vakuumbeutel. Die Zellen sind dehydriert, das Fleisch trocken.

Einfrieren

Zu langsames Einfrieren ist ein übliches Szenario in der Gastronomie. Wenn hier eingefroren wird, dann meist in dem einen verfügbaren Lagertiefkühler. Die Temperatur liegt meist um – 18 °C. Das Gerät wird aber im laufenden Betrieb durch das Rein- und Rausnehmen von Ware immer wieder geöffnet, wodurch die tatsächliche Einfriertemperatur für das Fleisch noch höher ist. Wird in der geschlossenen Originalverpackung eingefroren, wird das Eindringen der Kälte zusätzlich erschwert. Hinzu kommt, dass oftmals große Fleischstücke eingefroren werden, anstatt die Ware vorab zu portionieren. Offensichtlich hat dieses übliche Vorgehen den Ruf von tiefgekühlter Ware geschädigt. Aber Plasmolyse muss nicht sein. Gegenmaßnahme: Schockfrieren bei möglichst tiefen Temperaturen. Wir haben getestet: Zwei Rinderfilets gleicher Herkunft mit dem gleichen Reifegrad. Eines schockgefroren bei – 50 °C, das andere regulär bei +2 °C gelagert. Nach dem Auftauen des gefrorenen Filets ergab der Abtropftest das exakt gleiche Ergebnis. TK-Ware muss nicht trocken sein. Aber warum ist TK-Ware oft zäh? Wieder ist der Prozess schuld. Reguläres TK-Fleisch wird direkt nach der Schlachtung eingefroren. Im eingefrorenen Zustand kann die Ware nicht weiterreifen, da die Enzyme, die das Weichmachen des Fleisches betreiben, durch die zu niedrigen Temperatur ihre Arbeit einstellen. Lässt man das Fleisch aber erst reifen und friert es dann ein, ist das aufgetaute Fleisch so zart, wie man es von der beschafften Warenqualität erwartet. Das Zauberwort heißt hier „Ex-Chilled-Ware“.

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